Erfolgreicher Fachtag 2024 über die „Deutsch-Griechischen Beziehungen im 21. Jahrhundert“ im Goethe-Nationalmuseum Weimar
Die „Vereinigung der Deutsch-Griechischen Gesellschaften (VDGG) e. V.“ veranstaltete nach einer längeren, vor allem pandemiebedingten Pause wieder eine wissenschaftliche Fachtagung – in diesem Jahr am 27. September im Festsaal des Goethe-Nationalmuseums in Weimar zum Thema „Deutsch-Griechische Beziehungen im 21. Jahrhundert“.
Neben namhaften Referent*innen konnte VDGG-Ehrenpräsidentin Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk insbesondere diplomatische Prominenz begrüßen. Die Botschafterin Griechenlands in Berlin, I. E. Maria Marinaki, hob in ihrem Grußwort die langjährigen guten Beziehungen beider Länder hervor und verwies vor allem auf das mittlerweile 106-jährige Bestehen der deutschgriechischen Gesellschaften: „Das ist der lebendige Beleg, dass sich auch in den schwierigsten Momenten unserer Geschichte immer wieder Menschen zusammengefunden haben, die uneigennützig dafür eingetreten sind, unsere beiden Völker und ihr Verhältnis zueinander weiterhin zu pflegen und zu erweitern.“ Neben den humanitären, kulturellen sowie engen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen betonte Marinaki ebenso die politische Bedeutung des vielfältigen Austauschs für die europäische Integration. „Der Rückblick erinnert ebenfalls daran, dass die deutsch-griechischen Gesellschaften eng mit der Demokratie und mit der Würde des Menschen verwoben sind. Sie haben den schwierigen Zeiten der Diktaturen standgehalten und begegnen heute den neuen Herausforderungen.“
Im Gespräch mit VDGG-Präsidentin Lisa Badum knüpfte der deutsche Botschafter in Athen, Andreas Kindl, an die Worte Marinakis an und betonte, dass das historisch lange Verhältnis in Krisenzeiten sehr hilfreich gewesen sei. Mittlerweile sei man in eine neue Phase eingetreten, in der beide Seiten auf Augenhöhe arbeiten.
Auf dem Programm standen sehr aktuelle Themen aus der jüngeren Vergangenheit der Beziehungen beider Länder, deren Erforschung bzw. Bearbeitung erst in diesem Jahr oder eigens für den Fachtag abgeschlossen werden konnte. Dr. Jens Bastian von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin referierte zum Thema „50 Jahre Μεταπολίτευση. Deutsch-Griechische Erinnerungsdiskurse“ und zeichnete die vielfältigen Beziehungen zwischen Deutschland und Griechenland während der Zeit der Militärjunta in Griechenland von 1967 bis 1974 nach, in welcher viele Griechinnen und Griechen Aufnahme in der Bundesrepublik gesucht und gefunden hatten. Die nachfolgenden Jahre wurden in Griechenland von Politikern geprägt, die auch und gerade ob dieser Aufnahme gute Beziehungen zu Deutschland hatten, pflegten und prägten. Der Referent ging im Weiteren auf die vielen politischen Facetten des Dreiecksverhältnisses Deutschland – Griechenland – Türkei ein, welche die deutsch-griechischen Beziehungen im Lichte von EU und NATO bis in unsere Tage kennzeichnen und kennzeichnen werden.
Im Anschluss hieran berichtete Dr. Ronald Meinardus von der Griechischen Stiftung für Europäische und Auswärtige Politik (ELIAMEP in Athen) über eine aktuelle Meinungsumfrage unter der griechischen Bevölkerung zum Thema „Das Deutschland-Bild der Griechen: Ursachen und Wandel einer Beziehungslinie im Spiegel der Demoskopie“. Reparationsforderungen und Zwangsanleihen aus der Zeit der deutschen Besatzung in Griechenland während des 2. Weltkriegs spielten und spielen hierbei ebenso eine Rolle wie deutsche Touristen, die Qualität deutscher Industrieprodukte, die Euro-Krise, die Kanzlerin Angela Merkel, der Finanzminister Schäuble und die Wahl von Olaf Scholz zum Nachfolger von Angela Merkel. Im Vergleich zur vorhergehenden Umfrage von 2022 stellt sich das Deutschland-Bild verbessert dar. Bis zu diesem Jahr stieg der generelle Popularitätswert Deutschlands von 17 auf 29 Prozent. „Das ist zwar noch kein Top-Wert, aber wir sind auf einem guten Weg“, so Meinardus. Der Referent wies abschließend darauf hin, dass nun auch eine entsprechende demoskopischen Befragung der deutschen Bevölkerung zu deren Griechenland-Bild angedacht sei.
Im Hinblick auf die bereits erfolgten und noch geplanten Investitionen deutscher Unternehmen in Griechenland befasste sich Prof. Dr. Alexander Kritikos vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) mit den bürokratischen Herausforderungen in Griechenland und Deutschland. Er verwies beispielsweise auf Berichts- und Dokumentationspflichten, die den Unternehmen auferlegt würden und einen erheblichen Kostenaufwand verursachten, welcher an die Kundschaft nicht weitergegeben werden könne. Im Interesse eines Abbaus der bürokratischen Hemmnisse befürwortete er zum Einen eine deutlich bessere Ausbildung des Personals in den zuständigen Behörden und zum Anderen hieran anknüpfend einen Mentalitätswandel in der öffentlichen Verwaltung hin zu einem beratenden und begleitenden Verwaltungshandeln nach dem Vorbild skandinavischer Länder. Kurz gesagt: Abbau der Regulierungsdichte und Verbesserung der Verwaltungsqualität seien notwendig, nicht zuletzt auch als Schlüssel zum Wirtschaftswachstum in beiden Ländern.
Ein ganz spezielles Beispiel langjähriger deutsch-griechischer Beziehungen beleuchtete Prof. Dr. Katja Sporn, Leitende Direktorin der Abteilung Athen des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI), in Gestalt der Ausgrabungsprojekte in Kalapodi und im Kiphissos-Tal in Mittelgriechenland (Phokis). Sie schilderte nicht nur die historischen und rechtlichen Grundlagen der Aktivitäten des seit 1874 bestehenden DAI in Griechenland, sondern auch die modernen Methoden archäologischer Forschung – jenseits von Schaufel, Handbesen und Pinzette – in Gestalt des Einsatzes von Flugzeug und elektronischem Equipment.
Der Film- und Literaturredakteur Theo Votsos gab einen Einblick in das griechische Filmschaffen der letzten Jahrzehnte und dessen Rezeption in Deutschland. Er verwies insbesondere auf so bedeutende Regisseure wie Theo Angelopoulos und Georgios Lanthimos. Mit einigen Ausschnitten cineastischer Beispiele von den ersten griechischen Filmaufnahmen um 1900 bis zu Beiträgen bei zeitgenössischen Filmfestivals in Deutschland und Europa erzeugte Votsos beim Fachtag für ein wenig Kinoatmosphäre.
In einem abschließenden Podiumsgespräch unterhielt sich die scheidende Präsidentin der VDGG, Lisa Badum MdB, mit dem Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Athen, Andreas Kindl, über den aktuellen Stand der deutsch-griechischen Beziehungen. Der Botschafter wies auf die guten wirtschaftlichen Beziehung zwischen Deutschland und Griechenland hin. „Das hat sich erst kürzlich bei der Messe in Thessaloniki gezeigt, bei der sich Deutschland sehr erfolgreich als Partnerland präsentieren konnte. Bei der Messe wurde für mich ebenso deutlich, dass Griechenland mit seinem Potenzial in regenerativer Energie auf dem Weg zu einem Energie-Hub Europas ist“, so Kindl. Lisa Badum sprach ebenso die Krisenanfälligkeit der bilateralen Beziehungen im Zusammenhang mit Zeiten deutscher Besatzung und nunmehr im Zusammenhang mit EU, NATO und dem Verhältnis beider Staaten zur Türkei an. Botschafter Kindl erklärte, dass beide Länder um spannungsfreie Beziehungen bemüht seien: „Beide Seiten arbeiten mit konstruktiven Diskussionen daran – auf Augenhöhe.“ So habe es zum Türkei-Thema in den letzten Monaten viele bilaterale Treffen gegeben. Es bleibe trotzdem noch eine lange Strecke bis zu einer Lösung.
Die Stadt Weimar ließ es sich schließlich nicht nehmen, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Fachtags abends zu einem Empfang im Rathaus einzuladen, bei dem sich Botschafter Andreas Kindl – wie zuvor die griechische Botschafterin Maria Marinaki – ins Goldene Buch der Stadt Weimar eintragen konnte.
Beitragsbild oben:
VDGG-Fachtag Gruppenbild – Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Fachtags beim Empfang im Rathaus der Stadt Weimar.
Foto: Stadt Weimar
Kontakt:
Dietrich Hunold, Geschäftsführung VDGG e. V.
www.vdgg.de
Der Fachtag 2024 der VDGG e. V. wird unterstützt durch das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa)
mit Mitteln des Auswärtigen Amtes.