Der Widerstand gegen die Diktatur der Obristen (1967 – 1974) in Deutschland
Beispiel für einen solidarischen Kampf der griechischen und deutschen Demokraten
Am 21. April 1967 riss das Militär in Griechenland die Macht an sich. Zu diesem Anlass, der sich im kommenden Jahr zum 50. Mal jährt, veranstaltete die Vereinigung der Deutsch-Griechischen Gesellschaften (VDGG) ein zweitägiges Symposium, das an den beispielhaften und solidarischen Kampf der griechischen und deutschen Demokraten in Deutschland gegen die griechischen Machthaber erinnerte.
In ihrem Eingangsvortrag machte Frau Sigrid Skarpelis-Sperk, deutlich wie schnell und weitreichend nach dem 21. April 1967, die Unterstützung des Kampfes gegen die Militärjunta von Griechen und Deutschen von Politikern, Gewerkschaftlern, Arbeitern und Studenten sowie Künstlern und Intellektuellen gewesen war.
„Vom ersten Augenblick an organisierten sich die Griechen rasch untereinander – vor allem in den großen Industriezentren (…). Sie zeigten zusammen mit uns deutschen Sympathisanten in massiven Protesten gegen die Junta ihren Widerstand und ihren Willen, für die Demokratie und die Rechte der Arbeitnehmer zu kämpfen. In fast keinem anderen Land in Europa gab es einen so breiten Widerstand gegen die griechische Militärjunta wie in Deutschland.“ Die Gründe für diese Entwicklung waren im Wesentlichen: 1. die große Anzahl der in den Deutschland lebenden Griechinnen und Griechen, 2. die nicht geringe Zahl in Deutschland studierender und hochqualifizierter Akademiker, 3. die deutsche Politik zur Zeit der Großen Koalition mit dem damaligen Außenminister und späteren Bundeskanzler Willy Brandt, 4. die deutschen Gewerkschaften, an ihrer Spitze die IGM , 5. die 68er Bewegung, die deutschen Intellektuellen und die deutschen Journalisten und Künstler (Günter Grass, Heinrich Böll, Günter Wallraff sowie Klaus Staeck).
Zu allen sechs Schwerpunkten berichteten Referentinnen und Referenten aus Politik und Gesellschaft.
Ehemalige Aktivisten und Zeitzeugen konnte jeweils eigene Akzente setzen und größtenteils über ihre eigenen Erfahrungen berichten: so wichtige Vertreter der griechischen Widerstandsorganisationen Panhellenischen Befreiungsbewegung (PAK) und Patriotischen Front. (PAM)
„Damals waren es in „Deutschland vor allem die SPD und die Gewerkschaften, die klare Positionen bezogen. In Nordrhein-Westfalen mit dem damaligen Justizminister Dr. Josef Neuberger, in Bayern, Hessen und in Niedersachsen. Beispielhaft benannte Herbert Schmalstieg den Widerstand gegen das Obristen Regime an Hand von damaligen hannoverscher Aktivitäten, die Jungsozialisten in Verbindung mit der Sozialistischen Jugend Die Falken und der im März 1967 gegründeten Sektion Hannover der Griechischen Zentrumsunion….
Über die größtenteils sympathisierende Haltung wichtiger deutscher Zeitungen und Zeitschriften sowie des WDR gab es ebenso einen umfassenden Bericht, wie über die überaus zentrale Rolle, die die griechischen Redaktionen der Deutschen Welle und des bayrischen Rundfunks (Pavlos Bakoyannis) für die Information der Griechinnen und Griechen im In- und Ausland spielten, über die namhafte Vertreter der Redaktionen der Deutschen Welle und Redaktion des Bayrischen Rundfunks in griechischer Sprache berichteten
Angesichts der bemerkenswert geringen Berichterstattung über diesen Teil der deutschen wie der griechischen Zeitgeschichte kann die geplante Dokumentation ein wichtiger Beitrag für Griechenland wie Deutschland werden
Einen bedeutsamen Akzent für das Symposium setzte gleich zu Beginn seiner Einführung, die gleichzeitig auch Dankesrede war, der Griechische Botschafter Theodoros Daskarolis, in dem er darauf hinwies:
… die „Obristen-Junta hat nicht nur das parlamentarische, demokratische Regime gestürzt, welches, selbst mit Verwicklungen und vielen Schwierigkeiten doch immerhin funktionierte, sondern unterbrach brutal einen kulturellen griechischen Frühling, einen frühen, avantgardistischen Vorläufer der ´68er Bewegung, worin die unterprivilegierten Schichten der Bevölkerung und die aufgeklärten Teile des Bürgertums ihre politische Emanzipation, eine Wirtschaftsentwicklung im Gleichgewicht, die Demokratisierung der Gesellschaft und soziale Gerechtigkeit forderten. Die Oktroyierung der Diktatur hat diesen Frühling zerstört und das Land zu einem ungerechten und katastrophalen Rückschritt geführt.“
Damit band er den 21. April 1967 ein in die damalige politische Situation weltpolitische Situation, die vom Kalten Krieg, dem Vietnamkrieg und dem aufkommenden Prager Frühling geprägt war. Er erinnerte an die besondere Rolle der deutschen Außenpolitik unter dem damaligen Außenminister Willi Brandt, aber auch an die massiven Menschenrechtsverstöße der Junta im eigenen Land und die Bedrohung der Auslandsgriechen und ihrer Angehörigen in Griechenland durch die Konsulate und ihre in Deutschland tätigen Schlägerbanden.
Von mehreren Referenten wurde auf den Spagat zwischen der zwischen diplomatisch gebotener Realpolitik und den Prinzipien der internationalen Solidarität hingewiesen, die für Brandt als Spross der deutschen Arbeiterbewegung – aber auch als Bundeskanzler eines nur teilweise souveränen Landes – selbstverständlich waren. Der bekannte Ausspruch Willi Brandts: „Militärdiktaturen haben innerhalb der NATO keine Zukunft!“ war in diesen Tagen an die Mauern und Hauswände der Innenstadt von Athen zu finden.
Die Tagung schloss mit einer Podiumsdiskussion über die Lehren, die wir heute für eine Zeit zunehmender Fremdenfeindlichkeit und Rechtspopulismus für die Information der Jugend und die deutsche innen- wie Außenpolitik ziehen sollten.
Materialien
Eröffnungsvortrag: Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Eröffnungsvortrag: Botschafter von Griechenland, Herrn Theodoros Daskarolis
Die Rolle der VDGG während der Obristenzeit in Griechenland, Günter Leußler
Internet
Das Centrum Modernes Griechenland (CeMoG) hat eine Videodokumentation mit allen Beiträgen des Symposiums erstellt:
http://www.cemog.fu-berlin.de